Kulturschaffender Willi Berger im Gespräch
Willi Berger aus Stubenberg ist pensionierter Kunsterzieher. Bei seinen Werken steht immer der Mensch im Zentrum. Corona hat den 68-Jährigen beeinflusst. Im Gespräch mit der Heimatzeitung erzählt der Vorsitzende des Kulturvereins Stubenberg unter anderem, wie er derzeit mit der Krise umgeht und was die Einschränkungen für seine Ausstellungen und das Vereinsleben bedeuten.
Herr Berger, Kaffee mit Milch, Zucker oder schwarz?
Willi Berger: Schwarz wie die Nacht.
Was macht die Corona-Krise aktuell mit Ihnen?
Das größte Problem derzeit für mich ist, dass Kultur nicht mehr stattfindet. Man darf keine Ausstellungen durchführen. Das kann ich als Kurator der Kunstausstellungen in Aldersbach überhaupt nicht nachvollziehen, da die Räumlichkeiten sehr viel Platz bieten. Auch in Museen könnte man beispielsweise die Besucherzahl begrenzen und somit eine Öffnung ermöglichen.
Was vermissen Sie derzeit am meisten?
Das Gespräch mit kunstinteressierten und kritischen Besuchern der Ausstellungen.
Haben Sie finanzielle Einbußen durch Corona hinzunehmen?
Nach meinem Grafikstudium habe ich mich entschlossen, den Beruf des Fachlehrers für Kunst und Technik zu ergreifen, um durch ein geregeltes Einkommen finanziell unabhängig von der Kunst zu sein.
Konnten Sie Ausstellungen heuer planmäßig durchführen, und bis zu welchem Zeitpunkt?
Die letzte Ausstellung "Mensch trifft auf Natur" mit Sanna Myrttinen konnte ich im Juli 2020 in Aldersbach trotz Corona organisieren und auch mit der Genehmigung des Landratsamtes in Passau durchführen. Das große Interesse an kulturellen Veranstaltungen spiegelte sich in der hohen Besucherzahl wieder.
Künstler sind ja immer auf der Suche nach Inspiration. Können Sie aus dieser Ausnahmesituation Positives ziehen?
Ich habe die Zeit genutzt, um ein Buch mit dem Titel: "Da Mensch und sei Leb‘n" zu verfassen. Nachdem ich mich hauptsächlich mit Bildern und Figuren beschäftige, besteht dieses Buch auch überwiegend aus diesen beiden Elementen. Aber auch Geschichten über das Leben an und für sich kommen darin vor. Meine Kunst dreht sich immer um den Menschen. In meinem Buch habe ich auch aus einem gefundenen Aktenkoffer das Leben eines Verstorbenen rekonstruiert. Im Aktenkoffer war inklusive Haustürschlüssel noch alles vorhanden. Das hat mich sehr fasziniert. Das Buch enthält zudem einen Rückblick auf mein eigenes Leben und wird demnächst erscheinen.
Welche Rolle spielt Kunst generell für Sie?
Mein erstes Bild malte ich für meine Mutter im Alter von sechs Jahren. Kunstwerke zu schaffen war und ist für mich ein Ventil, um Gefühle und Zeitgeschichtliches bildhaft auszudrücken. Dabei ist mein einziges Anliegen der künstlerische Schaffensprozess und nicht der Verkaufserfolg.
Haben Sie staatliche Hilfen erhalten?
Für meine künstlerische Tätigkeit habe ich noch nie finanzielle Unterstützung durch den Staat erhalten.
Was erwarten Sie sich von der Politik an Unterstützung?
Dass endlich wieder die Theater, Galerien und Museen geöffnet werden, da es bis jetzt keine Ansteckungsfälle gegeben hat und geeignete Hygienekonzepte vorliegen.
Ihre persönlichen Hoffnungen und Erwartungen für 2021?
Dass kulturelle Veranstaltungen wieder möglich werden. Das wäre sehr wichtig für mich.
Gibt es bereits Ausstellungen, die für das Jahr 2021 geplant sind?
Im Rahmen des Aldersbacher Kunstpfades wird hoffentlich ab Juli wieder eine Kunstausstellung stattfinden.
Sie sind Vorsitzender des Kulturvereins Stubenberg. Wie stellt sich derzeit die Vereinssituation dar?
Aufgrund der aktuellen Corona-Situation dürfen wir die Veranstaltungen, wie zum Beispiel Literaturdinner, Kultfrühschoppen, St. Patrick’s Day, nicht durchführen. Auch eine geplante Zeitzeugen-Dokumentation ist derzeit nicht möglich. Planungen für künftige Aktivitäten gestalten sich in Corona-Zeiten schwierig. Die Mitglieder des Kulturvereins Stubenberg wurden darüber informiert, dass das neue Programm für 2021 geplant wird, sobald die Veranstaltungen eines Vereins wieder erlaubt sind.
Zur Person:
Wilhelm Berger wurde 1952 in Stubenberg geboren. Dort lebt und arbeitet er bis heute. Zunächst machte er eine Lehre als Betriebsschlosser. Bald entdeckte er aber, dass ihn dieser Beruf nicht ausfüllt. Deshalb studierte er in München Grafik und machte seinen Abschluss als Grafik-Designer.
Die anschließende Tätigkeit in einer Werbeagentur und die oberflächliche Welt der Werbung entsprach überhaupt nicht seinen Vorstellungen. Um seiner Berufung wirklich nachgehen zu können, entschloss er sich für ein weiteres Studium der Kunst und Technik in Bamberg.
Als Fachlehrer für Kunst unterrichtete er von 1976 bis zu seiner Pensionierung 2016. Als Fachberater für Kunst gab Berger sein Wissen an die Lehrerkollegen weiter. Die ganze Zeit war Willi Berger auch als freischaffender Künstler tätig. Mit Ausstellungen in Passau, Nürnberg, Tann, beim Simbacher Kunstherbst und in Tolmezzo, Italien, machte er auf sich aufmerksam.
Seine Themen, die er immer wieder aufgreift, haben mit der Gesellschaft, Kirche oder Religion zu tun. Die materielle Unabhängigkeit von den Zwängen des Kunstmarktes, die er durch seinen Lehrerberuf hat und hatte, erlaubten ihm, wirklich so zu arbeiten, wie er es wollte. Ein Thema beispielsweise ist der Komplex der bayerischen Hellseher, an deren Spitze der bekannteste, der Mühlhiasl steht.
Quelle: PNP / Interview: Lukas Zehendner
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